Erkennen – annehmen der IST-Situation

Realität verschwindet nicht einfach mal so, nur weil man sie nicht mehr beachtet. Im Umkehrschluss heißt das,  jeder Mensch muss sich ohne wenn und aber seiner derzeitigen Lebenslage bewusst werden. Die Gegebenheit annehmen die derzeit vorherrschen, bedeutet nicht, dass sie sich nicht verändern lassen, nur vorher muss man hinschauen, damit sich dann etwas auflösen kann.

„Gefahr erkannt – Gefahr gebannt“, ganz so wie in dem Märchen vom Rumpelstilzchen, das sich auch erst auflösen kann (es reißt sich in der Mitte entzwei), nachdem es beim Namen genannt wurde.

Sie erinnern sich vielleicht:

„Ach wie gut, dass niemand weiß, dass ich Rumpelstilzchen heiß!“

Dieses erkennen und annehmen, ist ebenfalls ein mächtiges Werkzeug zur schrittweisen Erlangung eines neuen Bewusstseins. In dem Moment, wo Sie den IST-Zustand annehmen erzeugen Sie keine inneren Widerstände mehr in sich, eine der entscheidenden Voraussetzungen, um ein friedvolles, harmonisches, glückliches  Leben im Fluss des universellen Stromes leben zu können.

Auch hier stellt sich uns meistens das „EGO-Stilzchen“ in den Weg, es schmeißt sich sogar nahezu dazwischen, um auf sich aufmerksam zu machen. „Mein IST-Zustand, wäre wirklich super, wäre da nicht dieser idiotische Arbeitskollege X, der drängt mich doch systematisch aus meinem Job raus.“ „Mein IST-Zustand wäre wirklich einwandfrei, ohne die Arsc… um mich herum, die stehen mir doch ständig irgendwo im Weg und bremsen mich. Da muss ich  doch den ganzen Tag meine Energie reinstecken, um gegen solche Deppen anzukämpfen.“ „Mein IST-Zustand wäre, wenn es nach mir ginge tadellos, nur sobald ich zuhause die Haustüre aufsperre, offenbart sich mir das volle Drama, meistens in 3 Akten, bis ich todmüde in Bett falle.“

Umso mehr scheint es die Lieblingsbeschäftigung des Egos zu sein, sich an allem aufzuhängen, weil es auf diese Weise seinen Fortbestand sichert; im Sinne von: hier bin ich und da sind jene Dinge, die mich stören. Und davon gibt es viele, v.a. in Form von Menschen und deren sinnentleerten Verhaltensweisen. Gleichsam stellt es sich über die Dingen, dieses Ego und setzt sie ins Unrecht, während es sich selbst überlegen und schwer im Recht fühlt. Ein sehr normales, altes Ego-Schauspiel und dennoch, in Anbetracht der Wirklichkeit, wo These und Antithese auf einer Ebene liegen, höchstgradig ignorant (unbewusstes, territoriales Tiermenschdenken.)

Alles Annehmen bedeutet aber NICHT, zu allem uneingeschränkt JA zu sagen. Ich kann auch völlig widerstandlos NEIN zu etwas sagen, wovon ich weiß, dass es mir oder anderen schadet. Wenn ich weiß, dass mir ein bestimmtes Nahrungsmittel nicht gut bekommt, dann esse ich es ganz einfach nicht. Genauso bin ich nicht gezwungen, mir das unbewusste, menschliche Treiben einzuverleiben, welches darauf abzielt, meinen und den inneren Frieden anderer zu stören. Wenn jemand sich untragbar verhält, so kann man ihm das vermitteln, ohne sich emotional auf (s)ein niedrigeres Niveau zu begeben, sprich: ohne das wundervolle, friedvolle Wesen in uns zu verschmutzen. Oder man entscheidet sich schlicht und einfach dafür, gar nichts zu sagen, und lässt den Augenblick an sich vorüberziehen, wie einen kleinen Windstoß.

Annehmen bedeutet auch nicht AUFGEBEN!

Wenn ich im Sumpf feststecke, dann sage ich nicht: „ok, ich stecke nun im Sumpf fest und gehe nun voll bewusst aber langsam darin unter”. Ich werde selbstverständlich alles daran setzen, mich aus dem Sumpf zu befreien, bevor ich darin untergehe. Genauso ist es mit der gegenwärtigen Lebenssituation. Wenn diese unangenehm oder gar unerträglich ist, dann werde ich bewusst alles daran setzen, um wieder aus dieser misslichen Lage zu kommen. Zuvor muss ich die Situation aber voll und ganz akzeptieren, sie ganzheitlich erfassen und sie innerlich annehmen, denn so schaffe ich Raum für Objektivität (höheres Bewusstsein), innerhalb dessen ich die nötigen Lösungsmöglichkeiten überhaupt erst wahrnehmen kann. Und dann werden die notwendenden Schritte widerstandslos durchgeführt, wohlwissend, dass jeder Schritt bereits das Heil in sich trägt.

Und selbst wenn Du das Unannehmbarste annimmst (z.B. der eigene bevorstehende, physische Tod, aufgrund einer unheilbaren Krankheit; den Verlust eines geliebten Menschen etc.), wirst Du in der inneren Leere einen Frieden für Dich finden, der im wahrsten Sinne des Wortes nicht von dieser Welt ist. Du bist dabei sicher nicht glücklich, aber Du bist im Frieden. Du erzeugst keinen weiteren inneren Widerstand mehr gegen das, was ist. Du lässt einfach los von dem unglücklichen Gefühl, wie schweres Gepäck, dass Du nicht mehr weiter mit Dir herumschleppen willst. Auch hier liegt die Lösung wieder auf einer höheren Ebene, übergeordnet ist wieder die Disidentifikation mit dem Verstand der Schlüssel zu unserem Heil.

Innerer Widerstand

Mit etwas Übung erreicht man schließlich einen Bewusstseinslevel, der es einem ermöglicht, bewusst aus den unbewussten Verstandesmechanismen auszusteigen. Es geht sogar soweit, dass man nur noch selten in diese hineingezogen wird, da bei Erkennen von geringstem INNEREN WIDERSTAND sofort die Alarmglocken losgehen, die uns daran erinnern, dass wir gerade drauf und dran sind, in Unbewusstheit zu stürzen. Die vom Verstand kommenden Impulse werden dann nicht mehr wie gewohnt ausgeführt. Wir werden den inneren Drang in uns zwar spüren, ihn aber zugleich durch das bewusste Nicht-Handeln in unserem Bewusstseinsfeld auflösen.

Sie werden bemerken, wie das (Ego-)Bedürfnis (egal welche Art) kommt und wieder geht. Wenn beispielsweise irgendwelche Süchte ein Thema bei Ihnen sind, fühlen den Drang in sich, dieser Sucht nachzugehen (z.B. rauchen, workaholics), spüren Sie das Verlangen als eine Art „ziehen“ im Körper. Lenken Sie die gesamte Aufmerksamkeit auf dieses unangenehme Gefühl, lassen daraus keine Gedanken werden, die wieder das Gefühl verstärken, und fühlen Sie, wie es sich allmählich im Lichte dieses neuen Bewusstseins auflöst. Der Drang wird zwar immer wieder auftauchen, jedoch nicht mehr in der ursprünglichen Intensität. Es ist vergleichbar mit einem Schwungrad, das sich noch eine Weile weiterdreht, auch wenn es nicht mehr angetrieben wird.

Und schlussendlich geht es hier auch um Selbstverantwortung. Also wiederum um etwas, von dem das Ego am liebsten nichts hören will. Es ist ihm viel lieber, seine Verantwortung nach außen abzugeben, um bei Versagen als armes Opfer dazustehen, anstatt sich selbst am Schopf zu packen, und alles daran zu setzen, seiner eigenen Welt wieder zu mehr Sinn, Menschenwürde und Schönheit zu verhelfen. Indem Sie nämlich Verantwortung übernehmen für Ihren augenblicklichen Bewusstseinszustand und keine weitere innere Verschmutzung mehr durch negative Gedanken und Emotionen (von außen oder innen kommend) zulassen, passiert exakt das.

Übernehmen Sie Verantwortung für Ihren Bewusstseinszustand im Jetzt, in diesem Augenblick, dann übernehmen Sie automatisch Verantwortung für Ihr gesamtes Leben!

Brigitte Berchtold