- in Allgemein, Bewusstsein by Brigitte Berchtold
- |
- 0 comments
1. Mai 1776
Das ausgehende 18. Jahrhundert bot in Bayern wohl die perfekte Bühne für ein ganz besonderes Ereignis des Weltentheaters, das sich innerhalb der damaligen Zeit der Aufklärung ereignete. Die Aufklärung war damals gekennzeichnet gegen die soziale Ungerechtigkeit und gegen die geistige Unfreiheit der Bevölkerung. Anhand dieser Beschreibung könnte man fast annehmen die Aufklärung würde in der Jetzt-Zeit stattfinden, wüsste man aus den Geschichtsbüchern nicht ganz genau, dass sich dieses Aufbegehren der Menschen vor fast 250 Jahren zutrug. Doch nun zu dem besonderen Ereignis…
Die Familie Ickstatt
Der Name dieser Familie hätte es wohl nie in die Geschichtsbücher geschafft, wäre da nicht der im Januar 1702 geborene Spross Johann Adam von dem Eisenhändler Georg und seiner Frau Maria Magdalena gewesen, der es zu Ehre und Würden brachte. Er verbrachte die Zeit seines Studium zuerst in Mainz und anschließend zog es ihn, aus einfachen Verhältnissen kommend, nach Paris und London. Sogar von dem großen Newton will er unterrichtet worden sein. Der allerdings beliebte seinen Unterricht durch zugezogene Bettvorhänge hindurch zu erteilen.
Johann Adam von Ickstatt promovierte, avancierte dann zum Freiherrn und schaffte es als Direktor in die Universität Ingolstadt. Er wird als Gründer des bayrischen Realschulwesen genannt und war als ein führender Vertreter der Aufklärung bekannt. Seine Ehe allerdings blieb kinderlos und so adoptiere er aus den großen Familien seiner Brüder, in der es vor Kindern nur gerade so wimmelte, den einen oder anderen Spross. Man muss wissen, das es damals oft so viele Nachkommen gab, dass die Familien froh waren, wenn ein Esser weniger im Haus war. War es Großherzigkeit von Herrn von Ickstatt, seine Brüder zu entlasten oder wollte er sich selbst eine verlässliche Nachkommenschaft erziehen, die er dann zu späteren Zeiten planmäßig für bestimmte Aufgaben einsetzen konnte? Oder war das womöglich Netzwerken im 18. Jahrhundert? Der weitere Verlauf der Geschichte könnte dieser Vermutung auf alle Fälle Raum geben, denn ein ideales Umfeld mit Bildung, Witz und Scharfsinnigkeit zum Aufwachsen kann dazu entscheidend beitragen, wenn es darum geht im Erwachsenenalter Besonders zu bewerkstelligen.
Die Jesuiten
Die Erziehung der Kinder und Jugendlichen lag seit jeher in den Händen der Jesuiten, das galt allerdings nur für einen bestimmten Teil der Gesellschaft. Mehr noch wie heute war die Schere offen, zwischen arm und reich und hochwohlgeboren. In München gab es damals mehr Geistliche, Mönche und Nonnen als je zuvor und es gab mehr herumziehende Bettler und Tagelöhner als je zuvor. Der Nachwuchs von dem geringeren Rest der Bevölkerung wurde wie gesagt von den Jesuiten unterrichtet und genau gegen sie richtete sich die Bewegung der Aufklärung damals, desses kraftvoller Verfechter eben Johann Adam von Ickstatt war. Er bemängelte, dass die Erziehung der Jesuiten höchst einseitig sei und nicht der realen Bedürfnisse angepasst sei und jede freie Geistesentwicklung im Keim ersticken wolle.
Der Salon als Treffpunkt
Im Rahmen der Aufklärung entstanden in den München und Ingolstadt viele sogenannte Salons. Dort trafen sich die Freigeister der Zeit, dort durfte man den Mund aufmachen, dort traf man Gleichgesinnte, die klugen Köpfe der damaligen Zeit tauschten sich in dieser Art Salons aus, fernab von Bespitzelung und Überwachung von jedweder Geistlichkeit. Es war also schon immer so, dass es Menschen gab, die Erneuerung und geistige Freiheit wollten und andere, die sie daran hinderten. Aus damaligen Schriften ist zu entnehmen, dass die Geistlichkeit nur so gestrotzt haben muss von Dummheit und Intoleranz und die klugen Köpfe in den Salons darauf hofften, dass im weiteren Verlauf der Aufklärung, für die sie ja standen, Besserung eintreten würde. Die Jesuiten wurden im Jahr 1773 von Papst Clemens sogar offiziell verboten. Das war wohl eher ein Akt der Verzweiflung vom einstigen Papast, denn im Hintergrund tobten sich die Jesuiten weiterhin aus und agierten in allen möglichen Einflussbereichen. Die Macht der Jesuiten konnte der Papst also nicht stoppen, aber vielleicht wollte er es ja auch gar nicht!
Die Gründung
Das ist das Bühnenbild des Weltentheaters, auf dessen Bühne sich Johann Georg Weishaupt und Johann Adam von Ickstatt in Ingolstadt an der Universität als Kollegen begegnen. Wie vorher schon erwähnt hatte Herr von Ickstatt den starken Drang Kinder und Jugendliche zu adoptieren oder in einer Art Patenschaft zu begleiten, da er keine eignen Kinder hatte oder vielleicht auch aus anderen Gründen, die sich der geneigte Leser gerne selbst zusammen reimen kann. Als Herr Johann Georg Weishaupt früh verstarb, übernahm Freiherr von Ickstatt die Patenschaft für dessen Sohn Adam Weishaupt. Adam galt als besonders begabt in vielerlei Hinsicht, was Herrn von Ickstatt sehr entgegen kam. Er finanzierte die Ausbildung des jungen Mannes und setzte auch hier seine vielschichtige, bereits in früheren Jahren verpflichtete Verwandtschaft ein, um an allen Ecken und Enden zu unterstützen und die Fäden dort zu spinnen, wo es seiner Meinung nach nötig war.
Wie die Geschichte so spielt war es genau drei Jahre nach der Aufhebung des Jesuitenordens soweit, der größte Zusammenschluss kraftvoller Persönlichkeiten, die für die Aufklärung im 18. Jahrhundert standen, war an der Universität Ingolstadt 1776 entstanden. Ein Gegenbund etablierte sich in diesem Jahr, angeführt von Adam Weishaupt und seiner rechten Hand, einem 20-jährigen Studenten mit dem Namen Franz Xaver von Zwackh. Dieser Gegenbund nannte sich “die Perfektibilisten”, was die Vollkommenen bedeutete. Nachdem dieser Name den Gründern nach einer Weile zu unrund vorkam, oder weshalb auch immer, benannten sie sich um. Aus den Vollkommenen wurden die Erleuchteten. Der Orden der Illuminaten war am 1. Mai 1776 geboren und er sollte der Mittelpunkt der Aufklärung werden.
Hauptgrundsatz der Illuminaten sollte sein ” Nicht blinde Geburt soll über andere herrschen, sondern Verstand und Tugend”. Vom Grundsatz her zu begrüßen…
Wer hinter die Puppenbühne geht, sieht die Drähte (Wilhelm Busch)